Sinnieren.

Ostern im März.

Es gibt bestimmt freundlichere Oster-Cartoons. In meinen kommt immer „Arsch“ vor.
Man sagte mir, es gäbe Schokoladenmangel. Der größte Schokolieferant in Afrika habe Lieferprobleme. Schokolade – das neue Gold? Gab es deshalb gestern in dem Regal, in dem die Milka-Schokoladen liegen, nur noch leere Schachteln? Und keinen einzigen Osterhasen? Ostern ohne Schokohase? Und kein Schokoei in Sicht, nur die Hühnereier …

Glück und Sinn. Zwei große Irrtümer.

Das letztemal war Glück auf dem Programm. Ergänzend zu den vielen Glücksreporten (reports?) …
Ach ja, angeblich kennen die Finnen keinen Neid und schätzen das soziale Miteinander!

Und, schon im Dezember 2023, hatte ich mir notiert:
Laut einer vom „Independent“ veröffentlichten Umfrage von Eurostat sind die Österreicherinnen und Österreicher die glücklichsten EU-Bürger. Da landen die Finnen nur auf Platz 2.
Bei der Bewertungsgrundlage, die die „Indikatoren für Lebensqualität“ misst, erreichte Österreich 7,9 von zehn möglichen Punkten. Österreich verwies damit Polen, Rumänien und Finnland auf den geteilten zweiten Platz, die jeweils alle 7,7 Punkte erreichten. Es folgten: Belgien, die Niederlande, Dänemark, Slowenien und die Tschechische Republik.
Die großen Volkswirtschaften Italien, Spanien und Frankreich bewegten sich mit 7,1 Punkten im Mittelfeld des Rankings. Besonders Deutschland fällt jedoch bei der Studie als unglücklicher Staat auf. Die nördlichen Nachbarn landeten vor Bulgarien auf dem vorletzten Platz.
(Aus österreichischer Sicht geschrieben, offensichtlich mit einer gewissen Schadenfreude)

Sinnig

Ich möchte mir hier nicht anmaßen, über den Sinn des Lebens zu sinnieren (ich glaube, es gibt keinen;). Ich habe nur festgestellt, dass man mittlerweile nicht nur den Sinn des Lebens (wie das Glück, vergeblich) sucht, sondern auch den Sinn und die Erfüllung im Job. Purpose ist das (neue?) Schlagwort. Gibt es deshalb überall Personalmangel? (Spaß! – oder doch nicht?). Wenn ich das Thema klar habe, geht´s weiter …

Erstmal frohe Ostern!

„Ein Kompromiss ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder meint, er habe das größte Stück bekommen.“ Ludwig Erhard

Heute werden offensichtlich Kompromisse geschlossen, wo jeder das Gefühl hat, er sei um seinen Teil beschissen worden. Dabei sind die Kuchen oft viel größer als damals …

Über uns der gleiche Mond

Schonmal was von „Nikomachischer Ethik“ gehört? Ich nicht.
Bis jetzt. Kreist irgendwie um Aristoteles. Der meinte ja, um Glück zu empfinden,
müsse man folgende zehn Tugenden entwickeln/praktizieren:

Bescheidenheit
Ehrlichkeit
Geselligkeit
Anstand
Gerechtigkeit
Selbstbeherrschung
Toleranz
Großzügigkeit
Würde
Tapferkeit.

Fällt was auf? Wo sind diese „Tugenden“?

Im World Happiness Report 2023 (Daten von 2022) belegen die Finnen Platz 1
(natürlich gibt es auch andere Glücksrankings, die andere Kriterien zugrunde legen),
Deutschland liegt auf Platz 16, Österreich auf Platz 11. (Israel auf Platz 4!, gut, vor dem Krieg …),
die Niederlande auf 5. Saudi-Arabien (30) liegt vor Spanien (32) und Italien (33).
Hä? Ich fürchte, die nikomachische Ethik ist überholt …

In einem Artikel der El País (schon vom 18.2.24) schreibt Daniel Mediavilla, dass Glück, jenseits von Einkommen, mit Gemeinschaftssinn, einer nahen Verbindung zur Natur und einer tiefen Spiritualität zu erklären ist. (Er spricht vor allem von indigenen Völkern).

Geld macht nicht glücklich. (Legt aber, wenn man keinen Mangel hat, den Grundstein für Zufriedenheit). 70% der Lottogewinner (Untersuchung USA) sind fünf Jahre danach finanziell ruiniert. Mehr als Geld zählen soziale Kontakte, Familie und Gesundheit. Geben ist seliger als Nehmen (macht glücklicher), wobei ja oft die mehr geben, die weniger haben als die, die mehr haben (obwohl sie sich ja glücklicher machen könnten und es einfacher ist einzuladen, wenn der Geldbeutel voll ist) … Ich schweife ab.

Ebendieser Mediavilla zitiert im Artikel Marino Pérez von der Psychologie-Akademie in Spanien, der meint, dass Glück etwas sehr Subjektives sei … und (frei übersetzt): Die ständige Suche nach dem Glück ist einer der Gründe für mentale Probleme der westlichen Gesellschaften und der neuen Generationen. Glückssuche ist eine unlösbare Aufgabe. Denn das Glück erkennt man erst nachträglich. Und dann sollte man sich erinnern, dass man glücklich war, auch wenn man es nicht gewusst hat.

Robert Waldinger (wer immer das ist): Das ständige Suchen nach dem Glück macht unglücklich.

Problematisch sei die öffentliche Darstellung von dem, was viele Menschen unter Glück verstehen. Glück werde oft wie ein Preis gesehen, den man sich erarbeiten oder gewinnen kann und dann sein Leben lang behält. „Natürlich funktioniert das so nicht“, sagt Waldinger. 

***
Vom Glück zum Sinn … später. Jetzt erstmal Unsinn:

Selbst ist die Frau:
Selbstgespräche sind gesund. Das habe ich ja schon oft zitiert. Sie helfen sich etwas zu merken und reduzieren Stress. (Quelle: Radio). Am besten ist es, wenn man in der dritten Person spricht, um eine emotionale Distanz zu halten. Ich spreche mich meist mit meinem Nachnamen an.

„Schmerz ist unvermeidlich. Leiden ist optional.“

Haruki Murakami

Ver(w)irrungen.

Der Geist.

Also, ich habe mal wieder was gelesen (obwohl ich eigentlich dachte, dass ich dazu gar keine Zeit hatte). Unter anderem Judith Hermann: Daheim. Roman. Tischer TB, 3. Auflage 2023, © 2021; 189 Seiten. Schönes, rätselhaftes Buch.

Und dann noch Prof. Stefan Kölsch: Die dunkle Seite des Gehirns. Wie wir unser Unterbewusstes überlisten und negative Gedankenschleifen ausschalten. Ullstein extra, 2. Auflage 2023, rund 350 Seiten (ohne Anhang gerechnet).
Bisschen merkwürdig, wenn ein Autor sich Professor im Titel nennen muss 😉
Und ein bisschen schulmeisterlich, die Tipps.

Das meiste kennt man – trotzdem ist es gut, sich ab und zu klar zu machen, wie der Mensch funktioniert und wie die vermeintliche Schaltzentrale arbeitet. Und wie nützlich es sein kann, ab und zu den Verstand einzuschalten (was offensichtlich völlig aus der Mode geraten ist).

Auf Seite 58 steht zum Beispiel:

„Unsere Sinnesorgane nehmen jede Sekunde eine unvorstellbar große Menge an Informationen auf: circa eine Milliarde Bits, das entspricht der Information von 125 Büchern. Von dieser Menge an Informationen filtert das Gehirn zunächst über 99 Prozent heraus. Es verarbeitet lediglich drei Millionen Bits weiter, das sind etwas weniger als 200 Buchseiten pro Sekunde. Diese Informationen werden größtenteils unbewusst verarbeitet, bewusst wird uns davon wiederum nur ein winziger Teil: etwa 100 Bits, das entspricht einem kurzen Satz mit zwölf Zeichen. Es kann aber auch weniger sein.“

Zwölf Zeichen. Das waren jetzt aber mehr. Was ist ausgefiltert worden?

Louisianamoos. Muss man haben.

Der liebe Professor erklärt in dem Buch, warum uns das Unterbewusste (er nennt das bewusst so in Abgrenzung zu Sigmund Freud) krank machen kann oder zu falschen Entscheidungen/Einschätzungen verleitet, warum wir so schwer etwas hergeben können, wenn wir es einmal haben (Materielles ebenso wie Meinungen) und warum wir so leicht manipulierbar sind. Wir tendieren dazu, uns der Gruppe/Sippe anzupassen und können schwer mit Veränderungen umgehen. Wir können sogar falsche Erinnerungen von Erlebnissen, die nie stattgefunden haben, abspeichern.

Immerhin macht Mut:
„Tatsächlich sorgt das Unterbewusste stets dafür, dass die Einstellung folgt, sobald man sein Verhalten ändert.“

Und einen Tipp hat der Professor auch für uns.
„… ist der vielleicht wichtigste Tipp dieses Buches: Akzeptieren Sie sich bedingungslos als würdevollen, vollwertigen Menschen.“

In diesem Sinne …

Ich achte nicht auf die Vernunft. Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.

Elizabeth Gaskell

Ausblicke mit Einsichten?

Es lebe die Handarbeit!

Sollen bestimmte (Werte, hätte ich beinahe gesagt) „Dinge“ nicht untergehen: Weitsicht, Solidarität, Verstand, Humanität, Warmherzigkeit, Verbindungen, Verständnis, Verzeihen, die Erde und und und … Darauf trinke ich. Prosit Neujahr 2024!

Kopfüber rein, Kopfunter auf der Suche …

Ich gebe zu …

Ich habe lange nichts geschrieben. Erstens: Alles, was man aufschreibt, muss zunächst einmal durch den Kopf wandern. Wenn da schon andere Völkerwanderungen unterwegs sind, bleibt kein Platz. Zweitens: Schreiben erfordert Zeit und Muße. Vor allem Zeit. Möglichst an einem Stück. Wenn die Zeit wegrennt, muss man erstmal versuchen sie aufzuhalten. Drittens: Man kann natürlich auch irgendeinen Blödsinn schreiben (wie jetzt). Möchte man aber nicht. Heißt, es wäre schön, wenn man ein Thema (oder was auch immer) findet, das einen selbst und vielleicht auch andere interessiert. Viertens: Vielleicht können manche Leute im Stehen/Gehen schreiben (diktieren?). Ich nicht. Ich muss sitzen. Ungesunde Haltung, nicht immer angezeigt. Fünftens (und dann höre ich auf): Man sollte sich auf das Schreiben fokussieren und nicht zwei Millionen andere Aktivitäten gleichzeitig absolvieren wollen. Tja.

Museum

Werbepause

Heute gibt es eine Werbeeinschaltung. (Muss ja auch mal sein).

Liegewiese. Die Frage ist, wielange ein Sommer hält …
Joel Sternfeld.

Ich war überrascht: Das Foto von Joel Sternfeld (USA) ist aus dem Jahr 1979! Es zeigt Solarzellen, die einen Pool aufheizen. Da kann man sich vorstellen, wie lange wir schon alternative Energiequellen (hätten) nutzen bzw. weiterentwickeln können … Aber vielleicht war der Plan „Sonne“ damals nur in Kalifornien in den Köpfen, bei uns fand man da vielmehr „Regen“. Das hat sich geändert. Ewige Sonne macht die Wüste. „American Prospects“, noch bis 21.4.2024 in der Albertina.

Anekdote am Rande (was den Wandel in den Köpfen angeht): Ich sagte/schrieb neulich: „Bei uns herrscht eine unerträgliche Hitze“. Antwort: „Dann genieße das schöne Wetter.“

Monarchfalter

Es fing so an: Ich habe ein paar Samen geschenkt bekommen mit den Worten: Das ist die Pflanze, von der sich Monarchfalter ernähren. Du wirst viele Monarchfalter haben.

Gut. Wer will keine schönen Schmetterlinge im Garten haben?

Ich stand noch unter dem Eindruck von T.C. Boyle „Blue Skies“, in dem der Monarchfalter überhaupt als DER Edelfalter schlechthin beschrieben wird, hinter dem die Naturschützer her sind. (Übrigens: Lektüre empfehlenswert. Grausam, aber gut).

So. Ich habe also die Samen eingesetzt. Und siehe da! Bald danach spitzten ein paar Triebe aus der Erde, die sich sehr bald zu einem kleinen Pflänzchen entwickelten, bzw. mehreren. Und dann. Dann kamen die Monarchfalter. Die großen. Sie schwirrten herum, kreisten um die anderen Pflanzen, um sich dann gezielt auf meine kleine, gerade erst die Welt erkundende Monarchfalter-Pflanze zu setzen. Das ist ja noch ganz schön. Als die ersten Löcher in den Blättern auftauchten, bekam ich Angst um meinen Zögling. Und da war sie. Die Raupe des Monarchfalters. Lustig, gestreift. Absammeln? Umbringen? Fressen lassen?

Die Raupen fressen die Pflanze völlig kahl, verpuppen sich dann irgendwo an einem schönen schattigen Plätzchen, die Pflanze treibt wieder aus. Sagte man mir.

Aber so eine kleine zarte Pflanze kahlfressen lassen? Erholt die sich je wieder?
Langsam interessierte mich beides. Die Pflanze und der Falter.

Meine Pflanze heißt laut App (ja, ich habe eine Pflanzen-App!) Indianer-Seidenpflanze (müsste heutzutage sicher umbenannt werden, Indianer sind ja out), latein: „Asclepias curassavica“. Stutzig machte mich, dass es ein Hundsgiftgewächs ist. Witzig, dass man ausgerechnet einen Hund, den besten Freund des Menschen, für etwas Böses hernimmt: Hundstage (scheißheiß), hundsgemein (besonders gemein) etc. In diesem Sinne ist es wohl gemeint, Hundsgift. Und da lese ich, dass die Seidenpflanze giftig ist. Zumindest für Säugetiere wie den Menschen (blockiert Natrium-Kalium-Pumpe bzw. die Reizweiterleitung zu den Nervenzellen und in hoher Dosis führt es zum Herzstillstand – wirklich hundsgemein). Nicht so für den Monarchfalter. Den macht das Gift eher immun gegen Fressfeinde und stärkt ihn. Seine Muskeln sind so stark, dass er sogar bis 3.600 Kilometer wandern kann! Ein Wanderer. Also, der Wanderfalter kommt eher in den USA vor – diese wandern bis nach Mexiko (bei den Menschen ist es umgekehrt – die wollen von Mexiko in die USA). Ein Wanderfalter also! Angeblich ist der Monarchfalter der am besten erforschte Falter überhaupt. Allein der Wiki-Eintrag ist endlos. (Gerne nachsehen).

In den USA wird die Seidenpflanze eher als Unkraut angesehen und mit Gift bekämpft. Da sich der Monarchfalter aber vornehmlich von Wolfsmilchgewächsen (auf den Kanaren und Madeiera Euphorbia mauretanica) und Seidenpflanzen (es gibt verschiedene Arten) ernährt, rottet man damit auch die Lebensgrundlage der Falter aus. 2010 ist angeblich die Population derart eingebrochen, dass die Umweltschützer Alarm schlagen.

Segen oder Fluch?

Aber der Monarchfalter hat noch eine andere Seite. Die Weibchen sind größer und prächtiger, die Männchen etwas kleiner. Dafür haben sie ein merkwürdiges Gehabe bei der Paarung. Sie stürzen sich auf die Weibchen und können diese festhalten! (Habe ich noch nicht beobachtet, stelle ich mir lustig vor). Miriam Rothschild (wer immer das ist, selber googeln) nannte ihn deshalb 1978 ein „Chauvinisten-Schwein“. Naja. Wiki-Wissen.

Sie verblassen und sterben nach der Eiablage.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/schmetterlinge-raetsel-um-monarchfalter-geloest-a-994823.html?sara_ref=re-xx-cp-sh

Sommerloch

Bevor es furchtbar wird, erstmal ein Nachtrag. Ich glaube, das kennt ihr noch nicht:

playa pleasure

La Gomera, die Bananen … Republik (?).

Die kleine Atlantik-Insel wird derzeit malträtiert. Zuerst gab es einen 100%igen Stromausfall auf der ganzen Insel. Je nach Ort, 2-3 Tage lang. Es funktionierte nur das Krankenhaus, der Hafen und der Flughafen. Die haben offensichtlich ein Notstromaggregat. Sonst war alles finster. Kein Handy aufladen, keinen Sprit tanken, teilweise kein Wasser (Pumpen liefen nicht!), keine Kneipe, kein Essen, kein Kaffee. Das Zeug in der Tiefkühltruhe vergammelt, die Supermärkte und Restaurants dürfen ihre Waren wegschmeißen. Touristen sind abgereist (das Schiff fuhr ja!).

Unsere Regierung spricht ständig von alternativer Energie (seit neuestem), baut ein Windrad nach dem anderen in die Gegend, „nachhaltiges La Gomera“, Biospähren-Reservat und was weiß ich. Aber unser ewig altes Kraftwerk (Öl), völlig überholt, immer noch in Funktion, wird offensichtlich nicht gewartet, Brand im Technikraum, Generatoren hin. Ende. Black-out. Total. Null-Energie, wie sie hier sagen. Sogar der SPIEGEL brachte eine Nachricht.

Plan B für Notfälle? Fehlanzeige! Back-up? Achwo! Es mussten Generatoren aus La Palma angekarrt werden, die notdürftig die Versorgung wieder hergestellt haben. Tagelang zittert man, ob es Strom gibt oder nicht, die Straßenbeleuchtung bleibt vorsichtshalber ausgeschaltet. Vorausschauende Politik, wahrlich.

Es geht noch schlimmer

Der neueste Clou unserer intelligenten Regenten aber ist: Bäume absägen. Mitten im Sommer, in der größten Hitze. Überall auf der Welt werden Bäume geschützt und gepflanzt, auf La Gomera werden sie ohne Not einfach gefällt. Die neu gewählte (!!!) Stadtverwaltung (eine Frau als Bürgermeisterin, man glaubt es nicht) hat offensichtlich beschlossen, alle Bäume umzubringen, die nicht „von hier“ sind. Ihnen ist aber nicht aufgefallen, dass weder Kartoffeln, Tomaten, noch Bananen von hier sind. Und viele Menschen auch nicht. Und sie fangen mit den schönsten Bäumen an, die wir haben: den Flamboyants. Eine Augenweide, bewundert und fotografiert von den Touristen, spenden sie Schatten, verbessern das Klima, absorbieren CO2, die Blüten ziehen Insekten an, sind eine Wohltat fürs Atmen und gegen die Hitze etc. Ich könnte eine lange Liste mit den Vorzügen der Bäume aufzählen. Aber das ist ja überall auf der Welt bekannt. Nur bis nach La Gomera hat sich das nicht herumgesprochen.

Schattenspender, selbst bei Autofahrern beliebt

Flamboyant, auch Flammenbaum, ist aus der Familie der Johannisbrotgewächse. Ursprünglich aus Madagaskar, ein Exot aus den Tropen und Subtropen, der sich auf La Gomera wunderbar entwickelt. Ein Baum, der Schatten und atembare Luft spendet in einer Gegend, wo sonst nur die Sonne brennt und der Wind pfeift. Diese Bäume wurden vor 37 Jahren gepflanzt. Es war eine gemeinsame Aktion der Lehrer mit den Schülern, wohl um die Hitze zu bekämpfen und ein wenig Schatten zu haben. Fast einen Kilometer lang war die Straße mit den Bäumen geschmückt …

Und so sieht die Zukunft aus

Sieht doch gleich ganz anders aus, und so authentisch. Die Gemeinde plant, „autóctonos“ zu pflanzen. Also, Bäume von hier: Acebuches (Ölbaum) und Almácigos (Weißgummibaum). Es gibt ein kleines Problem: diese heimischen Sorten kommen aus der mittleren Gebirgslage, sind keine Küstenpflanzen, brauchen also viel Wasser (im Gegensatz zu den Flamboyants, die holen sich das mit den tiefen Wurzeln aus dem Grundwasser). An Bewässerung wurde auch eher nicht gedacht. Ich gebe den Neulingen mitten im Sommer ein paar Wochen. Dann werden sie vermutlich Pflanzentröge mit Plastikblumen hinstellen … Oder nix. So wie jetzt in der Fußgängerzone:

Herzlichen Glückwünsch an alle Verantwortlichen für diesen Frevel an der Umwelt, an den Bewohner:innen, am Klima, am gesunden Menschenverstand und unsere zukünftigen Generationen. Ich bin fassungslos.

Ach ja … wo ist eigentlich das Holz hingekommen?

Sofort in kleine Stücke zersägt und abtransportiert.

Yvonne ist einsam

Es war nicht klar, ob Yvonne trauerte oder einfach nur traurig war. Ihre Gesichtszüge waren schwer zu interpretieren. Aber es war deutlich zu spüren. Einsamkeit. Das Gefühl, das sich einstellt, wenn man alleine ist. Manchmal. Und bei manchen. Denn: Sich einsam fühlen kann man auch in Gesellschaft. Aber das war´s wohl nicht. So kompliziert war sie dann doch nicht gestrickt. Ihre ganze Körpersprache drückte es aus: Ihr fehlte ihr Partner. Sie waren jahrelang zusammen und nun war er weg. Sie verstummte nach und nach, kein freudiger Laut kam mehr aus ihrer Kehle. Sie fing an, sich selbst zu verletzen. Früher quatschte sie herum, diskutierte lautstark mit ihrem Lebensgenossen, auch wenn wir das nicht verstanden. Sie plapperte gerne nach, schien vergnügt. Jetzt sieht sie mich schräg von der Seite an, als wolle sie mir einen Vorwurf für ihre Situation machen. Sie nickt auffordernd mit dem Kopf. „He, du da, mach´ endlich was, siehst du nicht, dass es mir schlecht geht?“. Und dann ein Schrei, herzzerreißend. Ja. Natürlich hatte ich ein schlechtes Gewissen. Was sollte ich tun? Meine Versuche sie aufzuheitern, waren kläglich gescheitert. Soziale Wesen sind nunmal soziale Wesen. Und einen neuen Lebensgefährten herbeizaubern, konnte und wollte ich nicht. Meine Anwesenheit genügte ihr nicht, das stimmte auch mich traurig.

Bis ich mir Rat holte.

Die Lösung war ganz einfach. Da hätte ich draufkommen können. Aber irgendwie gingen die zwei Welten in meinem Kopf nicht zusammen. Technik und Tier. Manchmal ist es gut, jemanden um Rat zu fragen. In diesem Fall für uns beide. Also kaufte ich ein günstiges Tablet, richtete eine Verbindung zu einer Videokonferenz ein und los ging´s. Jetzt hatte sie Gesellschaft. Wenn auch virtuell. Sie konnte das Gerät selbst bedienen, ich staunte. Und sie plauderte in den Bildschirm hinein, hüpfte vergnügt herum und war nicht zu bremsen. Am anderen Ende der Leitung vergnügte sich ein Artgenosse. Er hieß Artur und lebte in der Tierhandlung. Loro, ein Papagei. Vielleicht tauschten sie gerade ihre Erfahrungen in dieser seltsamen Welt der Menschen aus, die trotz aller Annehmlichkeiten (Essen gratis) grausam war, obwohl die Menschen immer die beste Absicht beteuerten – und träumten von einer gemeinsamen Zukunft, Familiengründung und ein gemeinsames Leben im Dschungel. Den konnte man doch vielleicht als Hintergrund einstellen, oder?

***

PS: Papageien (Grauer Loro, Kakadu) werden depressiv, wenn sie nicht unter ihresgleichen leben, alleine sind. Sie entwickeln seltsame Verhaltensweisen und psychische Störungen. Wissenschaftler:innen in den USA (um Rebecca Kleinberger) haben herausgefunden, dass Dreiviertel der 18 getesteten Tiere positiv auf Videokonferenzen reagieren. Wenn die/der andere aus dem Bild läuft, sehen sie hinter dem Gerät nach, wo sie/er abgeblieben ist. Nach einer Einführung konnten die Vögel die Chats selbständig starten, indem sie mit dem Schnabel das Tablet bedienten. Sie können auch Anrufe ablehnen (!) Sie plaudern und singen koordiniert. Das vermindert Stress und hebt die Stimmung. El País 6. Mai 2023.

Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.

Joachim Ringelnatz

Deshalb gleich hinterher der Buch-Tipp
Mariana Leky: Kummer aller Art. Dumont. (Ich finde keine Jahresangabe!?)
Es sind alles kürzeste Kolumnen, die in „Psychologie Heute“ erschienen waren.
Sehr zu empfehlen. Klug, witzig, toll geschrieben.

Ich hab´s versucht

Links Original Miró, derzeit in der Albertina zu bewundern (von vielen Menschen, deshalb konnte ich das Foto nicht frontal aufnehmen) und rechts die Kopie auf meinem armen Schmuckkasten.

Ich wollte hier eigentlich erklären, warum ich Fan von Kopien und von Wiederholungen bin, aber das muss ich verschieben.

Eben.